Der Beirat
der Schweiz. Zentralstelle zur Bekämpfung des Alkoholismus

zugleich Delegiertenversammlung sämtlicher schweizerischer Abstinenzvereine,

hat an seiner Tagung vom 9. Nov. 1941, in Olten, als Losung angenommen:

Einsatz aller unserer Kräfte an der Ernährungsfront


  Die Aufgabe der Abstinenzbewegung. an der schweizerischen Ernährungsfront besteht vor allem darin, die Vergärung von Nahrungsmitteln zu verhindern und für Obst und Trauben zweckmässige Verwertungsmöglichkeiten schaffen zu helfen. Gewiss übersteigt diese Aufgabe unsere Kräfte: sie kann nur in einer grossen Arbeitsgemeinschaft, an der möglichst weite Kreise teilnehmen, gelöst werden. Aber viel ist schon gewonnen, wenn in allen Städten und in den Hunderten von Landgemeinden, wo Abstinenzvereine bestehen, von diesen zum Rechten gesehen wird.
  Winke dafür sind in der folgenden, vom Beirat gutgeheissenen Aufzählung enthalten. Wir ersuchen alle Vereinsvorstände, die für den Verein und seine Mitarbeiter vorhandenen örtlichen oder regionalen Arbeitsmöglichkeiten zu prüfen und an die Hand zu nehmen. Die Inangriffnahme einer Arbeit lässt häufig weitere Arbeitsmöglichkeiten erblicken.

Arbeitsmöglichkeiten
für Alkoholgegner und alkoholgegnerische Vereine

I. Aufgaben kantonaler Verbände,
Komitees usw.

  Sich auf dem Laufenden halten über die Arbeiten und Veröffentlichungen schweiz. und kant. Ernährungsämter und ähnlicher Stellen, um angeschlossene Vereine frühzeitig über Kurse, Arbeitsmöglichkeiten usw. unterrichten zu können.
  Periodische Aufmunterung der Vereine; Kurzberichte über Geleistetes in der lokalen und Abstinenzpresse. Arbeit weckt Arbeitsgeist! Bei der oft mühsamen Vereinsarbeit kann ein aufrichtiges Wort der Anerkennung Wunder wirken.

II. Aufgaben von Ortsvereinen
und Lokalverbänden


A. Aufgaben allgemeiner Art

  Schulung der eigenen Mitglieder in den Fragen der Kriegsernährung unter besonderer Berücksichtigung der mit der Alkoholfrage verknüpften Aufgaben. Diese sollen in den Arbeitsprogrammen einen wichtigen Platz einnehmen; sie können nach Art der schwedischen Studienzirkel behandelt werden. Es ist wichtig, dass viele Leute im ganzen Land herum über die Möglichkeiten zur Verminderung der Versorgungsschwierigkeiten unterrichtet werden. Wertvolle Gelegenheit, unsere Vereine zur Leistung einer Kulturarbeit zu erziehen!
  Grundlegende Literatur: Dr. Wahlen, «Die Anbauschlacht» (60 Rp.); Dora Schmidt, «Wie werden wir den Krieg ohne Hunger überstehen?».
  Verteilen der Hefte «Gesundes Volk» sie sind weitgehend den Fragen der Nahrungsvergeudung gewidmet! Nicht wahlloses Verteilen, zuerst die wirksamste Verbreitung besprechen!
  Anregung zum Veranstalten von Vorträgen, Kursen, Ausstellungen in der Gemeinde, durchzuführen von Behörden, Haushaltungsschulen, Frauenvereinen, landw. Genossenschaften u. ä.; dabei anregen (z. B. beim Referenten), dass die uns interessierenden Fragen im grossen Rahmen behandelt werden: Obst - Alkohol - Problem, Malzverbrauch der Brauereien, Lenkung der Kaufkraft usw.
  Vorbereitung und Auslösen der Diskussion bei Vorträgen, Kursen usw., damit die uns interessierenden Fragen zur Geltung kommen. Bei richtigem Anpacken dieser Aufgabe werden Referent oder Kursleiter zumeist gerne darauf eingehen.
  Benützung von Ausstellungsgelegenheiten, wie leerstehenden Schaufenstern, zur Darstellung von Vergleichen wie «Nährwerte für 1 Franken», «Zusammensetzung von Traubensaft und Wein» mit Objekten in natura; mit Aussprüchen wie: «Der Arbeiter verdient nicht so viel, als dass er ohne Schaden sein Geld für Bier ausgeben dürfte» (Phil. Snowden); Ausstellung von Malzprodukten und daneben von Bierflaschen, mit Inschriften wie: «Warum fehlen die Nahrungsmittel für unsere Kinder, während noch immer Malz zu Bier entwertet wird?» usw.

B. Aufgaben, die die Obstverwertung stellt

Einbau der Forderung dieses Jahres:
"Die Obsternte 1942 soll restlos
der Ernährung erhalten werden!"
in die oben skizzierte Propaganda.

Frühjahr : Vorbereitung der Kirschenpropaganda. Rechtzeitige Anregungen an Haushaltungsschulen, Frauenvereine usw. zur Veranstaltung von Einmachkursen.
  Kirschenvermittlung - allenfalls in Verbindung mit tüchtigen Vertretern des lokalen Handels.
  «Kirschentage», mit Verkauf von frischen Kirschen und Einmachen nach dem Dosenverfahren.
  Beteiligung an der Verbreitung der Flugschriften des Eidg. Kriegsernährungsamtes («Wenig Zucker? Wir konservieren doch!»)
  Wichtig: Vorarbeiten mindestens 1 Monat vor Beginn der Aktion unternehmen. Planmässig vorgehen, nichts dem Zufall überlassen. Die oft langwierigen Bemühungen wegen Brennmaterial oder Blechdosen nicht scheuen! Besser eine Aktion abblasen müssen, weil nachträglich nicht genug Obst vorhanden war, als riskieren, dass Obst der Ernährung verloren geht, weil es an einer rechtzeitigen Aktion fehlte!
Herbst : Je nach Gegend Zwetschgenaktion wie oben.
  Obstaktion: a) Vermittlung von Äpfeln zum Kochen oder Einlagern. b) Anregung. an Behörden betr. verbilligte Abgabe an Minderbemittelte, evtl. betr. Einlagerung für Winterbedarf. (Erdhütten nach Emil Wigglis «Natürliche Obst und Gemüselagerung in der Miete oder Erdhütte.»)
Dörrobst : Dörranlage als bleibende Einrichtung einer Gemeinde. Solche Aktionen auf möglichst weite Basis stellen: Behörden, landw. Genossenschaften, Frauenvereine usw. Wo solche Aktionen von anderer Seite schon in Gang gebracht wurden, Anschluss suchen, freiwillige Arbeitskräfte stellen!
  Verbreitung des Flugblattes des Eidg. Kriegsernährungsamtes: «Das Dörren von Obst, Gemüse und Kräutern».
Süssmost : Individuelle Bearbeitung von Bauern oder Bauersfrauen, auf deren Hof noch kein Süssmost hergestellt wird. Vertrieb von Schwilchs «Wie macht man Süssmost?».
  Ausbildung eines lokalen Fachmannes durch dessen Abordnung an Instruktionskurse.
  Anschaffung von Elektrolyten zum Ausleihen oder Anregung in diesem Sinne an landw. Genossenschaft usw.
  Erhebungen über den lokalen Süssmostverkauf in den Läden, allenfalls mit individueller Bearbeitung durch Kunden.
  Erhebungen über den Offenausschank in Wirtschaften und Besprechung mit den Wirten.
  «Süssmostkollektivreklame» in der Ortspresse, mit kurzer,
sympathischer .Einsendung für den Textteil ohne Seitenhiebe
  Betreuung von Süssmostreklamen in Läden, Wirtschaften und andern «belegbaren» privaten Anschlagstellen.
   Süssmoststand an Festen, Wohltätigkeitsveranstaltungen und so weiter.
Obstsaftkonzentrat : Aufklärung, vorerst der Mitglieder, über dessen Wert und mannigfachen Verwendungsmöglichkeiten (Zubereitung durstlöschender oder wärmender Getränke, Gebrauch in der Küche; auf Exkursionen usw.).
  Sammlung von Kollektivbestellungen, um das Konzentrat einzuführen.
  Empfehlung bei Geschäften mit Hinweis auf die Eignung als Geschenkartikel.

C. Aufgaben zur Einführung des Traubensaftes

  Aufklärung der Mitglieder über den Traubensaft und seine Absatzmöglichkeiten, als Getränk für Festtage, für Kranke und Stärkungsbedürftige usw.; über die beiden Haupttypen: roter Traubensaft aus Tessiner und Direktträgertrauben,
weisser, vornehmlich aus Welschlandtrauben.
  Mitteilung der Adressen von Kliniken, Ärzten, reicheren Familien usw., die vielleicht für die Einführung des Traubensaftes in Frage kämen, an die Herstellerfirmen.
  Propagandafeldzug in Hinsicht auf Festzeiten, wie Ostern, Weihnachten/Neujahr:
  a) Bearbeitung von Läden und Konsumvereinen; damit sie mindestens eine Marke Traubensaft in Prospekt und Schaufensterauslage aufnehmen.
  b) Sammlung von Kollektivbestellungen, die evtl. dem lokalen Handel zur Ausführung überwiesen werden; Ausdehnung dieser Aktion auch auf nichtabstinente Familien.
  c) Propaganda in Frauenkreisen, Müttervereinen usw.. zur Empfehlung als Festgetränk für den Familientisch.
  d) Werbung durch geeignete Personen bei Krankenanstalten aller Art.
  e) Unterstützung der Aktion durch Artikelchen in der Presse.
Traubensaftkonzentrat : Trotz des scheinbar hohen Preises lässt sich, besonders heute, ein gewisser Absatz dafür schaffen dank der mannigfachen Verwendungsmöglichkeiten (ähnlich, wie bei dem, allerdings billigeren Obstsaftkonzentrat).

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