1653
Texte und Bilder zum Grossen
Schweizerischen Bauernkrieg von 1653


Fritz Schwarz: "Bauernkrieg" aus "Segen und Fluch des Geldes in der Geschichte der Völker"


Das Berner Münzmandat vom 22. November 1652

Münzmandat
Das Mandat vergrössert und (hoffentlich) lesbar (295 KB)


Der Bundesschwur zu Huttwil vom 4./14. Mai
1653

bundesschwur huttwil

«Im Namen der hochheiligen Dreifaltigkeit Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, Amen. So haben wir zusammen geschworen:

1. Dass wir den ersten Eidgenössischen Bund, so die uralten Eidgenossen vor etlichen hundert Jahren zusammen geschworen haben, wollen haben und erhalten, die Ungerechtigkeit einander helfen abtun und uns schützen und schirmen mit Leib, Hab, Gut und Blut. Was den Herren und Oberkeiten gehört, soll ihnen bleiben und gegeben werden, und was uns Bauern und Untertanen gehört, soll uns bleiben und zugestellt werden; dies allerseits den Religionen unvorgreiflich und unschädlich.

2. Wollen wir einander alle unguten neuen Aufsätze hindannen tun helfen. Jedes Orts Untertanen sollen aber ihre Gerechtigkeiten von ihren Oberkeiten selbst fordern. Wenn sie aber einen Streit gegen ihre Oberkeit bekommen möchten, sollen sie doch nicht ausziehen ohne Wissen und Willen der anderen Bundsgenossen, damit man sehen könne, welche Partei recht oder unrecht habe. Haben unsere Bundsgenossen dann recht, so wollen wir ihnen dazu verhelfen; haben sie aber unrecht, so wollen wir sie abweisen.

3. Wenn die Oberkeiten uns Untertanen fremde oder heimische Völker auf den Hals richten oder legen wollten, so wollen wir dieselben einander zurückweisen helfen und dasselbige gar nicht dulden, sondern, so es vonnöten wäre, einander tröstlich und mannlich beispringen.

4. Wenn die eint oder andere Person in Städten oder Landen dieses aufgelaufenen Handels willen von einer Herrschaft oder anderen Leuten eingezogen oder an Leib und Gut oder Leben geschädigt würde, sollen allerorten unsere Bundsgenossen derselben helfen, sie mit Leib, Hab, Gut und Blut erledigen und erlösen, als ob es einen jeden selbst treffen würde.

5. So soll dieser unser geschworener Bund alle 10 Jahre vorgelesen und erneuert werden, und so dann der eint oder ander Ort eine Beschwerde hätte, über ihre Oberkeit oder anderes, will man allzeit demselben zum Rechten verhelfen, damit also unseren Nachkömmlingen keine Neuerungen und ungebührliche Beschwerden mehr aufladen werden können.

6. Es soll keiner unter uns so vermessen und frech sein, (dass) er wider diesen Bundesschwur rede oder Rat und Tat gebe, wieder davon abzustehen und (ihn) zunichte zu machen. Wer aber dies übersähe, soll für einen meineidigen und treulosen Mann gehalten und nach Verdienen abgestraft werden.

7. Es sollen auch keines Orts die Bundesgenossen diesen Handel mit ihrer Oberkeit völlig vergleichen und abschliessen, bis unsere anderen Bundesgenossen an allen Orten den Abschluss machen können. Also, dass zu allen Teilen zugleich miteinander Schluss und Frieden soll gemacht werden.»

«Es folgen nun die Orte und Vogteien, so in diesem Bundesbrief begriffen sind und geschworen haben:
Aus der Herrschaft Luzern zuallererst das Land Entlibuch samt den übrigen 9 Ämtern, welche zu Wolhusen zusammen geschworen haben.
Aus der Herrschaft Bern die Vogtei Trachselwald, Brandis, Sumiswald, Huttwil,
Signau, das ganze Land Emmental und das Freigericht Steffisburg, Hilterfingen und Hans Büeler zu Sigriswil für sich und seine Nachkommen, Interlaken und Brienz, Frutigen, das Landgericht Sternenberg, Zollikofen, Konolfingen, Seftigen, Grafschaft Nidau, Grafschaft Büren, die Vogtei Fraubrunnen, Vogtei Aarberg, Vogtei Landshut, Grafschaft Burgdorf, ausgenommen die Stadt, Vogtei Wangen, Vogtei Aarwangen, Vogtei Bipp und Amt und Vogtei Aarburg, Stadt und Grafschaft Lenzburg, Vogtei Schenkenberg.
Aus der Herrschaft Solothurn die Grafschaft Gösgen, Stadt und Amt Olten, Vogtei Bechburg, Vogtei Falkenstein, Vogtei Kriegstetten, Vogtei
Flumenthal, Vogtei Leberen, Vogtei Bucheggberg, Vogtei Dornach, Vogtei Thierstein, Vogtei Gilgenberg.
Aus der Herrschaft Basel die Stadt Liestal samt ihren Dörfern, die Grafschaft Farnsburg, Vogtei Waldenburg, Vogtei Homburg, Vogtei Ramstein.
Die freien Ämter, die Vogtei unter den alten Orten der Eidgenossenschaft.
Dieser Bundesschwur und Eid ist zu Huttwil von den Ausgeschossenen aus den obgenannten Orten konfirmiert und bestätiget worden in obgesetztem Jahr auf den 4./14.Tag Mai, und mit den hieran gehenkten Siegeln zum ewigen Gedächtnis und zu wahrem Zeugnis gehängt und bekräftiget worden. Dieser Briefe sind 4, von Wort zu Wort gleich lautend, und jedem Ort einer zugestellt worden, nämlich den Herrschaften Bern, Luzern, Solothurn und Basel.»

Niklaus Leuenberger spricht: Nun, liebe und getreue Leute! Loset auf euren Eid und sprechet mir nach alle diese Worte:

«Wie die Schrift weiset, dem will ich nachgehen und es vollbringen mit guten Treuen. Wenn ich das halte, dass mir Gott wolle gnädig sein an meinem letzten End; wenn ich es aber nicht halte, dass er mir nicht wolle gnädig sein an meinem letzten End. Das schwöre ich, so wahr mir Gott helfe.» Die Führer aus dem Luzernerland ergänzen: «Gott, Maria und die lieben Heiligen.»


Text nach: Urs Hostettler, Der Rebell von Eggiwil, Aufstand der Emmentaler 1653, Zytglogge Verlag Bern, 1991
(Bauernkrieg 1653: Stationentheater Eggiwil, Skript von Urs Hostettler)

Zur Chronologie: Die katholischen Kantone hatten bereits den Gregorianischen Kalender angenommen, während die reformierten noch am Julianischen festhielten, der 10 Tage nachging.


Der Murifelder Frieden vom 18. Mai 1653

  • 1. Die Untertanen sollen unverzüglich heimziehen und auf erstes Verlangen eine neue, vorbehaltlose Eidshuldigung leisten.
  • 2. Der Bauernbund ist nichtig. Der Bundesbrief ist auszuliefern.
  • 3. Freier Kauf und Verkauf des Salzes.
  • 4./5. Freier Kauf und Verkauf von Ross, Vieh, Getreide und anderen Sachen auf allen Märkten. Doch kann die Oberkeit Massnahmen gegen die Verteuerung des Getreides treffen.
  • 6. Abschaffung des Trattengelds.
  • 7. Allgemeine Beschwerden sind zuerst der Regierung vorzutragen; kann keine Abhilfe geschaffen werden, so dürfen Landsgemeinden einzelner Ämter einberufen werden; was da behandelt wird, ist wiederum der Regierung vorzutragen.
  • 8. Die Landschaft Emmental erhält einen Landeshauptmann und einen Landesvenner; beide werden von der Regierung vereidigt.
  • 9. Zerstückelung der Lehensgüter bei Erbteilungen ist nur für grosse Güter erlaubt.
  • 10./11. betreffen kleine, lokale Steuerabgaben.
  • 12. Gerichtsgeschworene und Weibel sollen von Vogt und Untertanen gemeinsam gewählt werden.
  • 13/18. betreffen Masse, Gerichtsordnung, Kirchenrechnung, Schreibberechtigung, freie Wahl der Mühle, Wahl der Schaffner.
  • 19. Freier Pulververkauf bei allen Pulvermachern.
  • 20. Zu Unrecht durch die Vögte bezogene Bussen sind von diesen zu ersetzen.
  • 21. Punkto Kaufhausordnung und Zölle bleibt alles beim Alten.
  • 22./23. betreffen spezielle Fälle des Ehrschatzes (Erbschaftssteuer).
  • 24./25. betreffen die Gültbriefe: Ihr Gegenwert und Zins ist stets in bar (und nicht in Naturalien) zu begleichen. Neuerdings darf der Schuldner Gültbriefe (Hypotheken) auf dem Hauptgut gegen bares Geld ablösen.
  • 26./30. betreffen Bewilligung von Beiständen in Rechtshändeln, Bezug von geschuldeten Geldern durch Alt Landvögte, Rechte der Geschworenen bei kleineren Streitigkeiten, Aufhebung der Handwerkerzünfte auf dem Land, Fischereirechte.
  • 31. Listige und gefährliche Söldnerwerbungen sind nichtig. Übermässige Strafen für das Nichteinrücken von geworbenen Söldnern werden eingestellt.
  • 32./34. betreffen die Schlichtung kleiner Geldhändel, Berechnung der Bodenzinse und die Beibehaltung der Appellationskosten bei Gerichtsfällen.
  • 35. Das (gegen die Täufer gerichtete) Degenmandat ist eingestellt.
  • 36. Die Behandlung aller anderen eingereichten Beschwerden wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
  • 37. Alles, was während dieser Sache mit Worten und Werken geschehen ist, sei vergessen und aufgehoben. Niemand wird an Leib, Ehre und Gut gestraft.
  • Von den versprochenen 50'000 Pfund (sei es als Entschädigung für die Kriegskosten oder als Almosen für die Landesarmut) ist im Vertragswerk nicht die Rede. Diese Zusicherung erhalten die Aufständischen aber indirekt, durch eine beigelegte "Annahmeerklärung".


    Text nach: Urs Hostettler, Der Rebell von Eggiwil, Aufstand der Emmentaler 1653, Zytglogge Verlag Bern, 1991 (Urs Hostettler in Wikipedia)


    Der Vertrag von Mellingen vom 25. Mai/4. Juni 1653

    gefecht von wohlenschwil
    Das Gefecht von Wohlenschwil vom 24. Mai/3. Juni 1653

    1. Sollen sie ohne Verzug, ein jeder, sich wieder nach Hause begeben, die Waffen niederlegen, und fürohin dergleicher Auszüge sich müssigen.
    2. Den Bund, so sie vermeintlich miteinander gemacht, sollen sie widerrufen und dem absagen, wie dann beschehen. Und die hierum aufgerichteten Bundesbriefe sollen sie dem Herrn General von Zürich unverweilt übergeben.
    3. Was den Oberkeiten oder Untertanen noch weiter möchte angelegen sein, solle, in Ermangelung freundlichen Vergleichs, dem Recht unterworfen sein.
    4. So lang und bis alle Sachen ihre Richtigkeit haben, und die Huldigung erfolgt sein wird, sollen die Oberkeiten und hilfleistenden Orte den Gewalt (die Truppen im Felde) noch behalten mögen.


    Aus der Sicht der Gnädigen Herren

    "...Im Emmental und im Oberaargau wurden unerlaubte Versammlungen alltäglich. Die Saat der Luzerner Sendlinge ging am 3./13. März, nach dem reformierten und dem katholischen Kalender angegeben, an einer grossen Landsgemeinde zu Langnau auf. Das Oberland und der Oberaargau waren geladen und vertreten. Eine Abordnung der Obrigkeit unter Schultheiss Dachselhofer fand kein williges Gehör. Um so vertraulicher ging die Versammlung mit den anwesenden Entlebuchern um. Man ermunterte sich mit gegenseitigen Hilfsversprechen. Das Ergebnis des Tages war eine Eingabe an die Obrigkeit mit 27 Beschwerdepunkten.

    Am 7./17. März tagten die Vertreter der vier Landgerichte zu Konolfingen. Boten der Obrigkeit mahnten zur Ruhe; Emmentaler arbeiteten für den Aufstand. Konolfingen und Zollikofen neigten zur Empörung; Seftigen und Sternenberg versicherten die Obrigkeit ihrer Treue. Die Aare trennte das unzuverlässige vom zuverlässigen Gebiet*. Die Tagung gab der Obrigkeit den Trost, dass sich nicht das ganze Land gegen sie verschwor.


    Die Obrigkeit musste ihr Gewissen klären. Sie begegnete dem Aufstand nicht schuldbewusst. Sie hatte ihre Gewalt vom Höchsten, nicht vom Volk erhalten; dem Höchsten, nicht dem Volk war sie zur Verantwortung verpflichtet. Ihre Achtung vor dem Volk wurde durch die Erfahrungen mit den Sittenmandaten bestimmt. Das Volk war in ihren Augen die irrende, sündhafte Menge, die auf den Weg des ewigen und zeitlichen Wohls geleitet werden musste. Der Aufstand verstiess gegen göttliche und weltliche Gebote...
    (Richard Feller, Die Geschichte Berns, Band II, S. 609, 1953)


    * Die Aare trennte bis zu Reformation die Bistümer Lausanne und Konstanz. (webmaster)


    Vom 17. bis ins 20. Jahrhundert...

    So seltsam es ist, die Wunden des Bauernkrieges schmerzen im Emmental bis heute. Dies mag einer der Gründe dafür sein, dass die grossen Berndeutsch-Dichter des 20. Jahrhunderts, Rudolf von Tavel (1866-1934) und Simon Gfeller (1868-1943), nicht Freunde wurden, obwohl sie einander als Dichter anerkannten. Dazu Gfellers Biograph:

    Im Trennenden spielte auch eine jahrhundertealte Tradition mit: Patrizier gegen Bauer, Stadt gegen Land. So unglaubhaft weitgeholt dies scheinen mag, auf und zwischen den folgenden Zeilen ist manches darüber zu hören.
    «Letzte Woche las ich Herrn v.Tavels "Stärn vo Buebebärg". ... Ich kann die Geschichte des Bauernkrieges nie lesen ohne Fäusteballen und Zähneknirschen, nie vortragen ohne kochenden Ingrimm. Aus einer Niederlage im Grauholz ist Gutes hervorgegangen; den Zusammenbruch des alten Bern empfindet man wie eine Naturnotwendigkeit. Der Geschichte des Bauernkrieges fehlt jeglicher versöhnliche Abschluss, man steht vor diesen Scheusslichkeiten an aller Gerechtigkeit verzweifelnd, ratlos, im Innersten masslos erbittert. Darum verletzte "Ja gäll so geits" trotz aller sprudelnden übermütigen Lustigkeit nicht und darum mag ich den "Stärn vo Buebebärg" trotz des gehaltenen Tones nicht. ...
    Gewiss waren nicht alle Patrizier jener Zeit solche Höllenhunde wie die, welche in der Regierung sassen, gewiss gab es solche, die ihre Augen von den opfergeschmückten Galgen beschämt wegwandten, die wie Oberst Wendschatz ihre Leute durch Gerechtigkeit und teilnehmende Fürsorge zu versöhnen trachteten. Aber wo war einer, der offen auf die Seite der Unterdrückten stand, Gut und Blut für sie in die Schanze schlug, ein wirklicher Held? Nicht einer war! Wäre jener Oberst Wendschatz an der Spitze der Bauern für die Gerechtigkeit gestorben, es wäre mehr gewesen als sein Tod für n heiligen Glauben. Vielleicht wäre er dort sogar noch etwas mehr "eins mit Christo" gewesen, als so, wie ihn der Dichter schildert. Es ist ja leicht begreiflich, dass sich der Dichter nicht getraute, so sehr neben der historischen Wahrheit vorbei zu schiessen und dass er es mit dieser schwächlichen und halben Ehrenrettung des Patriziates bewenden liess.»
    (Brief an O. v. Greyerz, 1907; zitiert nach Valentin Binggeli, Simon Gfeller, S. 210)


    Zitate aus dem Jahr 2003
    - aus der allgemeinen Presse


    A: Wohlstand der Schweizerischen Bauernbevölkerung
    1618 - 1648 leidet Deutschland unter den Auswirkungen des 30-jährigen Krieges, welcher praktisch ganz Europa erfasste. In dieser Zeit ging es den Schweizer Bauern sehr gut. Sie konnten Korn, Milch, Butterund Käse teuer verkaufen. Fremde Händler kauften Vieh und Getreide und exportierten diese Ware nach Deutschland. Die Bauern lebten in grossem Wohlstand. Die hohen Güterpreise (für Land und Bauernhöfe) und der ländliche Wohlstand einerseits, die ebenso hohen Lebensmittelpreise andererseits, fanden mit dem Westfälischen Frieden (Ende des 30 jährigen Krieges) 1648 ein Ende. In der Schweiz belastete diese Tatsache die zum Teil wegen Liegenschaftskäufen und hohen Zinsen recht hoch verschuldete ländliche Wirtschaft mehr als die städtische. Die Folge war ein Zusammenbruch der Warenpreise. 1 Mütt Korn sank von 105 auf nunmehr 31 Batzen, ein Schaf galt nur noch halb soviel wie vorher. Die Bauern hatten Mühe, ihre Produkte zu verkaufen. Schulden und Zinsen aber blieben...
    Batzenkrieg
    Am 19.Januar 1653 beschloss die Tagsatzung in Baden ein eidgenössisches Münzmandat (Abwertung der Währungen). Die Abwertung Iöste bei den ländlichen Untertanen Widerspruch und Klagen aus. Bernbatzen sollen überall nur noch zum halben Wert angenommen werden. Was die Landsleute (ländliches Volk und Bauern) zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: Der Widerstand gegen das Münzmandat wurde zu einem Sturm gegen die Aristokratie in den Städten und führte zum Schweizerischen Bauernkrieg 1653...
    (Fritz von Gunten in "ZACK", Zeitschrift für Jugendphilatelie, 1/2003 )

    B: Bauernkrieg und schlechtes Geld

    BEA EXPO: Der 350. Jahrestag des Bauernkriegs bildet auch für den Numismatischen Verein Bern den Rahmen für eine kleine Ausstellung zum Thema «Bauernkrieg und Geld». An der traditionellen Münzenbörse Berna, die am kommenden Sonntag von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr im Kongresszentrum der BEA Expo stattfindet, werden verschiedene Münzen aus der Zeit vor dem Bauernkrieg gezeigt.
    «Schlechtes Geld» war nebst anderen Faktoren – für die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Stadt und Land verantwortlich. Dieses «schlechte Geld» entstand im November 1652: Damals beschlossen die Gnädigen Herren von Bern, den Berner Batzen um die Hälfte, von vier auf zwei Kreuzer, abzuwerten. Um Spekulationen zu verhindern, setzten die Herren die Frist bis zum Wechsel aufs neue Rechnungssystem auf ganze zwei Tage fest - und stürzten damit Landbewohner, die nicht so schnell zu den Wechselstuben reisen konnten, in bittere Armut. (pd, Der Bund, 16. Mai 2003, p. 20)


    C: Batzenabruf in Bern und Bauernkrieg vor 350 Jahren In Bern erinnert man sich im Jahr 2003 an zwei wichtige geschichtliche Ereignisse. In der Stadt schaut man 650 Jahre zurück, als Bern den mutigen Schritt tat und als 8. Ort in die Eidgenossenschaft eintrat. Der «Ewige Bund» der Stadt Bern mit den Ländern Uri, Schwyz und Unterwalden wurde am 6. März 1353 besiegelt. Das Historische Museum Bern* zeigt dazu eine grosse Ausstellung.

    Auf dem Land - vor allen im Emmental - gedenkt man mehr der Ereignisse vor 350 Jahren und lässt die Geschichte des Bauernkrieges von 1653* aufleben ( Stationentheater in Eggiwil, Ausstellung in der Gotthelfstube in Lützelflüh, Prägung einer 100-Batzenmünze* zu 10 Fr., die in Gasthöfen zur Zahlung akzeptiert wird). Weil vor 350 Jahren auch münzpolitische Gesichtspunkte mitspielten, soll hier auf diese Epoche eingegangen werden.

    Dabei ist das bekannteste Ereignis der «Batzenabruf». Dieses Wort bedeutet in heutiger Sprache eine Abwertung der Batzen. Die Abbildung auf dem Titelblatt dieser Nummer zeigt einige der schlechten Berner Batzen und dahinter einen Ausschnitt aus dem Mandat, das Schultheiss und Räte in Bern am 22. November 1652 verabschiedeten und drucken liessen. Dieser Erlass wurde an alle Amtsleute verschickt und am Sonntag den 28. November auf den Kanzeln verlesen. Zur Begründung der Abwertung hebt die Regierung vor allem die Klage über die Falschmünzerei hervor und berichtet, dass in Nachbarländern falsche Berner Batzen im Betrag von einigen 100'000 Kronen (zu 25 Batzen gerechnet) bereit liegen, um ins Berner Gebiet eingeschleust zu werden. Eine Abwertung sollte helfen, diesen Schaden abzuwenden. Als weitere Begründung für die Abwertung wird die Nichtbeachtung der Münzmandate erwähnt. Zuletzt muss die Regierung aber doch zugestehen. dass die Batzen seinerzeit schlechter geprägt wurden, als der Reichstaler zu hoch im Kurse stand.

    Unsere Abbildung auf Seite 11 zeigt das wichtige Mandat. das heute nur in einem Exemplar im Staatsarchiv Bern erhalten ist. Für uns heutigen Leser ist der Inhalt in dieser alten Sprache nicht leicht zu verstehen. Wie hat wohl damals das Volk diese Sprache verstanden? Doch sicher rasch begriffen hat das Volk, dass es nur drei Tage Zeit hatte, die Batzen noch zum vollen Wert loszuwerden. Es bestand die Möglichkeit, das abgerufene Geld zur Bezahlung der am Andreastag (30. Nov.) fälligen Zinsen oder anderer Schuldverpflichtungen noch zum vollen Wert an die obrigkeitlichen Kassen abzuliefern. Einem Privatmann konnte man die Batzen nicht aufschwatzen. denn drei Tage später hatten sie für jedermann nur noch den halben Wert. Die Frist wurde so kurz gesetzt, um zu verhindern, dass Spekulanten Zeit fanden. mit dem schlechten Kleingeld gute Geschäfte zu machen.

    Durch diese Abwertung verloren viele Bauern, aber auch Taglöhner und Handwerker einen Teil ihres Gesparten, was den Zorn des Volkes erregen musste. Man empfand aber die Massnahme vor allem als ein Wortbruch der Regierung, die während Jahren versichert hatte, der Batzen behalte seinen Wert.

    Darum gilt der Batzenabruf als einer der Gründe, die 1653 eine Auflehnung gegen die Herren in Bern auslösten. Die Bauern verlangten dabei einen Ausgleich für die Verluste bei der Abwertung. Die Obrigkeit solle die schlechten Batzen im Reisgeld der Gemeinden mit gutem Geld ersetzen. Aber das war nur eine der vielen Forderungen, die im März 1653 gestellt wurden. Die übrigen wirtschaftlichen und politischen Fragen, die zum Bauernaufstand führten, lassen wir hier einmal weg und beschränken uns auf die Probleme der Berner Münzpolitik...
    (Aus dem Artikel von Martin Lory in Numis-Post, Mai 2003)

    *
    Seiten im Internet löschen ist wie Bücher verbrennen; glücklicherweiser wird ein Teil davon in den USA im Web Archive gespeichert und ist so jederman - manchmal mit etwas Mühe - zugänglich.

    D: Resolution von Eggiwil 2003

    Stadt und Land einst, heute und in Zukunft - 6. Eggiwiler Symposium im Gedenkjahr "350 Jahre Bauernkrieg“ - 21./22. Mai 2003*

    ... Sozialwesen oder im Verkehrsbereich kämpfen und wir bieten bei der Lösung dieser Probleme unsere Hilfe an. Gleichzeitig hoffen wir aber auch auf die Unterstützung durch die
    Agglomerationen bei der Lösung unserer Probleme.
    Im Gegensatz zur Zeit des Bauernkriegs wollen wir diesmal nicht gegen, sondern mit der
    städtischen Bevölkerung und der Regierung für unsere Zukunft kämpfen. Wir sind überzeugt,
    dass wir nicht wieder im Stich gelassen werden!


    Personen und Zeiten

    Niklaus Leuenberger, geboren um 1611 im Schönholz bei Rüderswil. Nach der Niederlage der Bauern bei Herzogenbuchsee im Juni 1653 wurde er dem Landvogt Tribolet ausgeliefert und am 6./16. September 1653 in Bern geköpft und geviertelt. Sein Kopf wurde neben dem Huttwiler Bundesbrief an den Galgen genagelt, seine Körperteile an den vier Landstrassen vor Bern ausgestellt.

    <
    Taufeintrag von Niklaus Leuenberger vom17. Juli 1611 im Taufrodel von Rüderswil

    "Julius: Uff dem 17 July ist Hannss Louwenbärg und syner Elsbet (Moser) ein Sohn gethouft: Glaus gnempt: Züge: Ulli Äschbacher: Christen Eychenbärger: Verena Pfister. 1653 hingrichtet"

    (Der Vermerk "1653 hingrichtet" und die schwarze Umrandung wurden erst nach seinem Tode angebracht. Herzlichen Dank an Peter Althaus für Bild und Text.)

    Christian Schybi, Luzerner Bauernführer, von Escholzmatt
    Johann Konrad Brenner, Notar in Münsingen, aus der Markgrafschaft Baden stammend
    Hans Emmenegger, Pannerherr des Entlebuchs
    Emanuel Sägesser, Schulmeister zu Aarwangen
    Samuel Tribolet,
    Landvogt zu Trachselwald, hart, geldsüchtig und verhasst:
    "dem hochmüetigen und gäldgierigen Samuel Tribolet von Bern: Tribolet du toller Gast, aller Bauren Überlast, ohne Ruehm und Lob du bist, Tribolet du schnöder Christ."


    22. November 1652: Batzenabruf, Herabsetzung des Berner Batzens um die Hälfte.
    13./23. April 1653: Bauernlandsgemeinde zu Sumiswald; Leuenberger wird Obmann des Bundes, Emmenegger wird Generaloberst.
    4./14. Mai 1653: Bundesschwur zu Huttwil von Bauern aus den Untertanengebieten von Bern, Luzern, Solothurn und Basel.
    10./20 Mai 1653: Beginn des Krieges, die Bauern ziehen vor Bern
    18./28. Mai 1653: Murifeld-Vertrag zwischen den Bauern und der Stadt Bern - wird von der Stadt nicht innegehalten. Die Bauern gehen nach Hause, die von der Stadt aufgebotenen welschen Truppen marschieren ein. Die Zürcher rücken gegen den Aargau vor.
    24. Mai/3. Juni 1653: Gefecht bei Wohlenschwil mit dem reformierten Tagsatzungsheer
    25. Mai/4. Juni 1653: Der Vertrag von Mellingen bestätigt die Niederlage der Bauern; das Bauernheer löst sich auf - der Vertrag wird von den Städten nicht eingehalten.
    29. Mai/ 7. Juni 1653: Letztes Gefecht bei Herzogenbuchsee; Bern siegt mit seinen treuen Waadtländern. "Wyl sy zu Herzogenbuchsi von 2000 Mann Widerstand und viel Trotzens gefunden, haben sy selbiges Dorf in Äschen gelegt und by siebzig Firsten mit Brand zugrunde gerichtet."
    6./16. September 1653: Leuenberger wird in Bern geköpft und geviertelt.
    25. Oktober 1653: Ueli Galli, "Der Rebell von Eggiwil", "Hauptursächer des Bauernaufstandes", stirbt als einziger den entehrenden Tod am Galgen.
    Ab Juni 1653: Die siegreiche Stadt Bern nimmt - wie die anderen Städte - Rache bei den Unterlegenen; "sie traf das Leben (21 Hinrichtungen, 1 Verstümmelung), die Ehre (Pranger, Schallenwerk, Landesverweisung, Ehrverlust), das Vermögen (Plünderungen, Bussen, Strafsummen für die Gemeinden) und die Wehr der Schuldigen" schreibt Richard Feller in seiner "Geschichte Berns" von 1953. ( Er schildert die "Rebellion" stark aus der Sicht der Sieger.) Bern belohnte auch seine Helfer: z.B. den Verräter Leuenbergers mit einem Silberbecher, die Waadtländer Truppen mit 20'000 Kronen.
    Die Stadt liess goldene und silberne Belohnungsmedaillen für Verdienste bei der Unterdrückung des Bauernaufstandes prägen, die je nach Dienstgrad an die Offiziere der siegreichen Streitkräfte verteilt wurden.
    Zur Chronologie: Die katholischen Kantone hatten bereits den Gregorianischen Kalender angenommen, während die reformierten noch am Julianischen festhielten, der 10 Tage nachging.
    (Die Daten und Namen sind nicht in allen Darstellungen gleich.)
    Eingeführt wurde der neue Kalender z.B.
    11./22 Jan.1584: in den Kantonen Luzern, Solothurn, Freiburg, Schwyz, Uri, Zug
    31.Dez. 1700 / 12. Jan. 1701: in den Kantonen Bern, Zürich, Schaffhausen, Basel


    Links zu Quellen im Internet:
    Gedenkjahr 2003 «Bauernkrieg 1653»

    Historisches Lexikon der Schweiz: Bauernkrieg (1653)
    Die WOCHEN-ZEITUNG FÜR DAS EMMENTAL UND ENTLEBUCH bringt Artikel zum Thema. Die Artikel finden Sie in "Suchen" mit dem Stichwort "Bauernkrieg" (rote Stichwörter suchen).
    Bauernkrieg 1653: Stationentheater Eggiwil (Skript von Urs Hostettler)
    Der Bauernkrieg von 1653 – Ursachen, Verlauf und Folgen einer gescheiterten Revolution, mit kommentierter Transkription des Bundesbriefes (Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde - BZGH) *
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