FFF - Natürliche Wirtschaftsordnung


Dr. Theophil Christen

1.April 1873 bis 17. Mai 1920


per aspera ad astraDr. Theophil Friedrich Christen war Arzt, Mathematiker, Physiker, Volkswirtschafter, Abstinent, Vegetarier
* 1. April 1873 in Basel, † 6. Mai 1920 im Genfersee.

(Christens Ex Libris "per aspera ad astra" (von Seneca; "Durch das Rauhe zu den Sternen", "Durch Nacht zum Licht") habe ich in Christens Buch "Geschichte der Nationalökonomie" von Adolf Damaschke gefunden. webmaster)

Er war ein Pionier der physikalischen Medizin, insbesondere der Strahlen- und Röntgenwissenschaft.1896 promovierte er in Leipzig im Fach Mathematik, 1905 als Dr. der Medizin in Bern, 1908 Habilitation in Bern (1909 venia docendi für "Innere Medizin, speziell für physikalische Therapie"). 1915-1918 Leiter des Instituts für Strahlenforschung in München 1919/20 Gründung eines Institutes für physikalische Therapie in Lausanne.
Theophil Christen in Wikipedia

Die Theophil-Christen-Medaille der Schweizerische Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik, 2006 erstmals verliehen.

"The Swiss mathematician and physician Theophil Christen was one of the first important pioneers in Medical Physics. He structured the previously confused field of physical concepts and definitions for medical applications of X-rays and paved the way for the modern understanding of dosimetry."
(Zeitschrift für medizinische Physik)

Christen wurde durch Silvio Gesells Schweizer Aufenthalte und seine dort erschienenen Broschüre über das "Das Monopol der Schweizerischen Nationalbank"* von 1901 und der "Zeitschrift für Geld- und Bodenreform" 1903/04 mit physiokratischen Geldreformideen vertraut. Als Mitglied der "Gesellschaft für Boden- und Steuerreform" in Bern setze er sich 1915 für die Aufnahme von Gesells Geldreform in das Programm ein. Christen trat dann dem gesonderten "Schweizer Freigeld- und Freiland-Bund" bei. Hier begann er mir der wissenschaftlichen Formulierung gesellscher Geldreformvorschläge, wobei er stets für absolute Währung statt Freigeld plädierte.
* gegründet 1907

Publikationen (Auswahl):
"Ausbeutungslose Freiwirtschaft : Frei von privater Ausbeutung! ; Frei von staatlicher Bevormundung! ; Stark zur Selbstverantwortung!"
"Das Geldwesen: ein dynamisches System"
"Die Kaufkraft des Geldes und ihre Bedeutung für die Volkswirtschaft"
"Die politische Frauenfibel"

Vom 7.4. bis 14.4.1919 war Christen in Bayern mit Gesell im Finanzministerium als freiwirtschaftlicher Rechnungsbeirat für die Räteregierung tätig. Von den wechselnden Regierungen verhaftet, wurde er schliesslich von einem Standgericht von der Anklage des Hochverrates freigesprocehn.
In Christens mathematisch-statistischen Umsetzungen von Gesells theoretischen Betrachtungen verwendete er bereits die Bildung und Anwendung eines Preisindex als Kaufkraftmassstab des Geldes sowie die Aufstellung eines statistischen Warenkorbs für die Preisindexermittlungen. (Quellen: Sammlungen des Deutschen Historischen Museums - Historisches Lexikon Bayerns: Anarchismus).

Ausserdem förderte er die verschiedenartigsten Reformbewegungen, insbesondere die Ernährungs- und Getränkereform, sowie die Lehre von der Einschränkung des Fleisch- und Alkoholgenusses. Seine wichtigsten Arbeiten auf diesem Gebiet sind:
"Unsere grossen Ernährungstorheiten"
"Die menschliche Fortpflanzung, ihre Gesundheit und ihre Veredelung "
Weiterhin war Christen auch auf dem Gebiet der Sozialhygiene aktiv:
"Die grossen Seuchen unserer Zeit"

Christen war Freiwirtschafter, Abstinent (Mitglied des Vereins abstinenter Ärzte der Schweiz und der Guttempler), Vegetarier, Esperantist.

DIE MENSCHLICHE
FORTPFLANZUNG
IHRE GESUNDUNG UND
IHRE VEREDELUNG

Von
DR. TH. CHRISTEN

Pessimisten sollen wir nur sein bei der Beurteilung gegenwärtiger Zustände; Optimisten in der Hoffnung auf eine schönere Zukunft.
v. Bunge

HALLWAG
A.-G.. Hallersche Buchdruckerei und Wagnersche Verlagsanstalt BERN
Siebente Auflage 1924


Mehr zu Silvio Gesell
Mehr zu Gustav von Bunge

 

Den beiden grossen
tiefdenkenden und weitblickenden Menschenfreunden

DR. GUSTAV VON BUNGE
Professor der Physiologie in Basel

und

SILVIO GESELL
Kaufmann und Landwirt in Les Hauts-Geneveys

in Dankbarkeit, Verehrung und Freundschaft gewidmet


Im Buch wird häufig auf "Die sexuelle Frage" von August Forel hingewiesen.


Die grossen Seuchen
unserer Zeit



Akademischer Vortrag
gehalten in Bern von
Dr. Th. Christen


Verlag der Schriftenstelle des Alkohlgegnerbundes
Basel

Die grossen Seuchen unserer Zeit
Im Böcklinsaal des Basler Museums hängt ein Bild, auf dem die Pest im feuerroten Mantel auf einem Drachen durchs Land reitet, und von dem Gifthauche des Fabeltieres werden die Menschen dahingerafft... Über alle diese grossen und schrecklichen Seuchen haben wir dank der modernen Hygiene gesiegt. [Pest, Cholera, Aussatz, Pocken]...
Drei grosse Seuchen aber sind es, die sich bis in die neueste Zeit auch in den zivilisierten Ländern gehalten, ja zum Teil beträchtlich an Boden gewonnen haben. Sie lassen sich nicht wie die vorgenannten, durch Entdeckung ihrer Bazillen und polizeiliche Massregeln beseitigen. Dazu sind sie allzusehr mit unseren Lebensgewohnheiten verwoben. Wir können sie unmöglich loswerden ohne tatkräftige Mithilfe aller. Es sind dies die Tuberkulose, die Geschlechtskrankheiten und der Alkoholismus...

Ernähungstorheiten
Unsere
grossen Ernährungs-
Torheiten

Eine gemeinfassliche Darlegung der
modernen Forschungs-Ergebnisse
über Ernährungs- und Diätfragen

Von Dr. med. und phil. Th. Christen
Dozent der Universität Bern
Vierte Auflage Dresden 1914

... Neben all den grossen Entdeckungen und Erfindungen der medizinischen Gebiete, welche nicht nur der Wissenschaft zum Ruhm, sondern auch der Menschheit zum Segen geworden sind, haben zwei grosse und verhängnisvolle Irrtümer bis in die neueste Zeit ihre Machstellung behauptet...

Die beiden Irrtümer, deren Folgen von so grosser Tragweite sind, und zu deren Klärung wir Ärzte auf Grund der modernen Forschungsergebnisse verpflichtet sind, heissen Eiweissaberglaube und Alkoholaberglaube.
 
Fritz Schwarz zum Eiweissaberglauben
In den neunziger Jahren wurde der später von Dr. Th. Christen so benannte "Eiweissaberglaube" auch ins Bernerland hinausgetragen...
...Gemüse war wenig oder nichts wert, Fleisch und Eier alles, Fett aber war besonders wertvoll. Das wurde auf dem Lande systematisch verbreitet. Es war die reine Vergiftung, die bei uns etwa um 1890 einsetzte, und die "Erfolg" hatte, weil wir Landleute ja alle lernbegierig waren...
... Wenn ich an meine Geschwister zurückdenke, so kann ich heute sagen, dass
die Wirtschaftskrise in den achtziger Jahren und der "Eiweissaberglaube" sie zusammen mindestens hundert Lebensjahre gekostet haben. Als ich dann 1915 auf Th. Christens Schrift "Unsere grossen Ernährungstorheiten" stiess und darin auch den Untertitel "Der Eiweissaberglaube" fand, der mich manches verstehen lehrte, machte mich die Geschichte dieser Umstellung der Volksernährung sehr misstrauisch gegen neue Theorien in der Medizin...
(Quelle: Wenn ich an meine Jugend denke)


H. K. Sonderegger zu Th. Christen

Wegen eines verpassten Termins wurde HKS zu von einem Militärgericht zu 14 Tagen Festungshaft verurteilt, die er im "Hotel Minger2" in Andermatt verbrachte. Von einem Freund erfuhr er, dass vor 20 Jahren Dr. Christen hier geweilt habe und das erfüllte ihn mit grosser Freude. In seinem Ferienbrief beschreibt Sonderegger 1dies so:
«Der Leser versteht nun allerdings nicht, warum mich diese Neuigkeit mit Freude erfüllte; er weiss ja nicht, dass Dr. Christen einer der hellsten und feinsten Schweizerköpfe der letzten Jahrzehnte war; ein hervorragender Arzt. der schon in jungen Jahren das Staunen der Gelehrten über seine Forschungen erlebte, ein ebenso hervorragender Mathematiker, der in allen Höhen und Tiefen der Zahlenkunst zuhause war, ein Gelehrter, der nach Anlage und Neigung in die stille Studierstube und das Laboratorium hineingehört hätte, den aber sein heisses Herz ins Leben hinaus rief, um den gequälten Mitmenschen zu helfen. Und da er sah, dass es lächerlich ist, Pülverchen zu verschreiben, wenn die Menschen Hunger haben, kräftige Ernährung zu empfehlen, wenn sie kein Geld haben, warme Wickel umzulegen, wenn die dunkle Hinterstube aus Armut nicht geheizt werden kann, so wurde er Volkswirtschafter und Mitarbeiter von Silvio Gesell, dem Begründer der Freiwirtschaft. Dr. Christen war es, der schon 1915 an den Bundesrat vor den Fehlern der Währungspolitik und ihren Folgen warnte. Es hat bekanntlich nichts genützt. Der mächtige Geist und das edle Herz zerbrachen an der Not der Menschen und am Unverstand derer, die berufen wären, diese Not zu tilgen. Sein zarter Körper war ein zu schwaches Gefäss für seinen Geist und sein grosses Herz, das eines Henry Dunant würdig war. Eines Tages nahmen ihn die stillen Wasser des Genfersees auf. Dass auch er unter diesem Dache gewohnt hatte, freut mich. Es ist gut, dass seine Nachfolger robuster sind. Denn, wenn ich von meinem Fenster aus dem Spiel der Kanonen und Gasmasken zusehe, so überkommt mich ein Grauen vor der drohenden Zukunft, und ich sage mir: wir müssen alle Kräfte des Geistes und der Seele und des Leibes zusammennehmen und alle Menschen guten Willens vereinigen, um noch rechtzeitig zu verhindern, dass aus dem Spiel Ernst werde...»
(Quelle: HKS - Hans Konrad Sonderegger, Der Kämpfer für Freiheit, Recht und Menschenwürde)


 1SONDEREGGER Hans Konrad, geb. 10.10. 1891 in Heiden AR, gest. 4.9.1944 in Scuol GR, Sohn des Wilhelm, Lehrer und Regierungsrat, Kantonsschule in Trogen; Studium in Basel, Bern und Marburg, Pfarrer 1917; Zweitstudium in Zürich und Bern, Dr. iur. 1923, Anwaltspatent. Pfarrer von Lavin und Guarda GR 1917-20. Rechtsanwalt in Teufen ab 1924. Mitglied des Obergerichts Appenzell AR; Kantonsrat ab 1933; Gemeinderat in Heiden; Ständerat von Appenzell AR 1933-35. 1939 vom Kanton Baselland in den Nationalrat gewählt. In Bern Opfer einer Schlammschlacht von freisinniger Seite, worauf er 1943 von allen Ämtern zurücktritt. Seine Rehabilitation erfolgt ein Jahr nach seinem frühen Herztod. Seit seiner Bündner Zeit engagierter Vertreter der Freiwirtschaftsbewegung.
(Quelle: Personenlexikon des Kantons Basel-Landschaft)

2Rudolf Minger, 1881-1955, Bundesrat 1929-1940, Vorsteher des Militärdepartementes



Literatur:
Wilhelm Merks: Ein Tyrann - das Wunder von Wörgl. Schauspiel mit einem Vorspiel und vier Akten in Anlehnung an geschichtliche Ereignisse, Garmisch-Partenkirchen 1951 - Das Vorspiel dieses Theaterstücks spielt im Sommer 1919 und zeigt Theophil Christen und Silvio Gesell vor dem Münchner Standgericht.


Zurück zu Politik: Freiwirtschaft - Liberal-Sozialisten - Natürliche Wirtschaftsordnung
http://www.edimuster.ch/: Hier ist die Familie Muster in Ecublens VD - Eduard Muster: emuster@hotmail.com 15/01/2010