Die Promille-Grenzen in der Schweiz
0,5 Promille ab 2005
Alkohol: 0,5 ‰
0,5 ab 05


In diesem Kapitel finden Sie einige Angaben zur Entstehung der neuen Promillegrenze (0,5‰) derSchweiz. Die Auszüge dienen der alkoholpolitischen Information. Auszüge, Hervorhebungen und Kommentare stammen vom Webmaster. Die gesetzlichen Grundlagen werden auf einer besonderen Seite zitiert.
Alkohol im Strassenverkehr ab 2005

Botschaft des Bundesrates vom 22. 05.02 - Beratung im Ständerat am 24.09.02 - Beratung im Nationalrat  am 06.03.03 - Strassenverkehrsgesetz (SVG) (Änderung vom 14. Dezember 2001, in Kraft ab 1. Januar 2005), jetzt auf der vorangehenden Seite.
Aktuelle Promillegrenzen in Europa bei SFA-ISPA

Historisches
Urteil des Kassationshofes des Bundesgerichtes vom 18. Juni 1964 (Festsetzung der 0,8‰-Grenze)
Der "Diana-Effekt" (1997)

0,5 Promille
0,5 Promille = max 1 Glas

Die Klage des Branchenverbandes Wein Schweiz gegen diese Kampagne wurde vom Zivilgericht Bern- Laupen abgewiesen.

"Die Aufforderung an Personen, die trotz Alkoholkonsum ein Fahrzeug lenken wollen, sich an die 1-Glas-Regel zu halten, ist sachgerecht." (Bundesrat)


Es wird ernst: Die Kampagne im Dezember 2004

Wer 0,5 ‰ oder mehr Alkohol im Blut hat, gilt ab 1. Januar 2005 als fahrunfähig (angetrunken), unabhängig von individueller Alkoholverträglichkeit oder weiteren Beweisen.

Rechtliche Folgen

Jeder darf kontrolliert werden!
Die Polizei darf jederzeit, auch ohne konkreten Verdacht, Fahrzeugführende sowie an Unfällen beteiligte Strassenbenützende einer so genannten anlassfreien Atemalkoholkontrolle unterziehen (Art. 55 SVG).

Ab 0,5 Promille drohen Strafen...
Strafrechtliche Sanktionen (Art 91 SVG)
Eine Angetrunkenheit im Bereich von 0,5 Promille und mehr, aber weniger als 0,8 stellt eine Übertretung dar. Der Lenker wird mit Haft oder Busse oder mit Haft und Busse bestraft. Die Busse beträgt höchstens 5'000 Franken, und die Haft kann von einem Tag bis drei Monate dauern.

Bei einer Alkoholkonzentration von 0,8 Promille oder mehr sowie beim Fahren unter Drogeneinfluss liegt ein Vergehen vor. Der Fahrzeuglenker wird mit Gefängnis oder mit Busse oder mit Gefängnis und Busse bestraft. Der Höchstbetrag der Busse beträgt 40'000 Franken, und die Gefängnisstrafe wird für die Dauer von drei Tagen bis drei Jahren ausgesprochen.

... und Administrativmassnahmen
Neben der Strafe muss, wer Alkohol trinkt und dann ein Fahrzeug lenkt, auch mit so genannten Admistrativmassnahmen rechnen:
Wer zum ersten Mal mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 bis 0,79 Promille am Steuer eines Motorfahrzeugs erwischt wird, erhält in der Regel eine Verwarnung – vorausgesetzt, es liegt keine weitere Widerhandlung gegen Strassenverkehrsvorschriften vor und der fahrerische Leumund ist ungetrübt.
Bei Vorliegen einer zusätzlichen leichten Widerhandlung wird der Führerausweis für mindestens 1 Monat entzogen.
Bei 0,8 Promille ist der Führerausweis für mindestens 3 Monate weg!
Wer wiederholt in angetrunkenem Zustand fährt, muss mit wesentlich längerem Führerausweisentzug rechnen. Das Strassenverkehrsgesetz sieht für Wiederholungstäter je nach Schwere des Falls stufenweise verschärfte Mindestentzugsdauern vor, die von den kantonalen Behörden nicht unterschritten werden dürfen, bis hin zum unbefristeten Führerausweisentzug.

Alkohol macht fahrunfähig
Bereits ab 0,3 Promille sind das Sehen (Blendung, Einschränkung des Blickfeldes) und die Konzentrations-, Reaktions- und Koordinationsfähigkeit beeinträchtigt. Gleichzeitig wächst die Risikobereitschaft, was zu Selbstüberschätzung, Euphorie oder gar Fahrlässigkeit führen kann. Alkohol verstärkt ausserdem die negativen Auswirkungen von Stress, Zeitdruck oder Ärger.

http://www.eins-ist-ok.ch
http://www.bfu.ch/medien/medienkonferenzen/mk_0_5promille/index.htm

Astra - Bundesamt für Strassen: 0.5 Promille/0.5 pour mille/0,5 per mille


drink or drive
Noch hängen Plakate zum Thema: drink or drive
"Wer trinkt, fährt nicht, wer fährt trinkt nicht!"
und
pour mille? alcool -
jamais au volant
promille? - alkohol am steuer: nie


Eins ist o.k. – Aber keins ist noch besser

Mit dem Slogan «Eins ist o.k.» werben die Beratungsstelle für Unfallverhütung und das Bundesamt für Gesundheit für mehr Sicherheit auf unseren Strassen. Wenn per 1. Januar 2005 die 0,5 Promille-Grenze in Kraft tritt, soll man vor dem Autofahren höchstens noch eine Standard-Einheit Alkohol konsumieren, so lautet die Botschaft.

Die Botschaft ist berechtigt, und würde sie konsequent befolgt, liessen sich hunderte Unfälle mit Verletzten und Toten verhindern.

Trotzdem bleibt die Botschaft auf halber Strecke stehen. Zu Grunde liegt ihr nämlich der Gedanke, dass Alkohol trinken einfach dazu gehört, und sei's nur ein Gläschen. Was fehlt, ist die gesellschaftliche Akzeptanz eines noch verantwortungsbewussteren Verhaltens, nämlich gar keinen Alkohol zu sich zu nehmen. Zehntausende tun das entweder weil sie es wegen einer eigenen, inzwischen überwundenen Alkoholabhängigkeit nicht dürfen, weil sie es aus bewusster Überzeugung oder aus Solidarität mit Suchtbetroffenen nicht wollen, oder weil sie den Alkohol nicht mögen, und trotzdem werden sie sehr oft noch gedrängt: «Komm doch, sei kein Spielverderber, nur ein Gläschen...»

Für das Recht. nicht mittrinken zu müssen, engagiert sich IOGT seit weit über 100 Jahren.


Blutalkoholgrenzwerte im Strassenverkehr

Mehr Verkehrssicherheit dank tieferer Promillegrenze
Die Sicherheit im Strassenverkehr soll durch eine möglichst rasche Senkung der Promillegrenze erhöht werden. Nur wenige Wochen nach Ablauf der Referendumsfrist für das revidierte Strassenverkehrsgesetz (SVG) schlägt der Bundesrat dem Parlament eine Reduktion des Blutalkoholgrenzwerts für Fahrzeuglenkerinnen und -lenker auf 0,5 Promille vor. Wer 0,8 oder mehr Promille im Blut hat, muss mit strengeren Sanktionen rechnen. Die Grenzwerte werden in einer Verordnung festgehalten, über die neu das Parlament entscheidet. Der Erlass soll am 1.1. 2004* in Kraft treten. (Pressemitteilung des Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) vom 22.05.2002)
*Leider erst 2005 (webmaster)


Botschaft des Bundesrates
zu einer Verordnung der Bundesversammlung über die Blutalkoholgrenzwerte im Strassenverkehr vom 22. Mai 2002 (Volltext)

"Anlässlich der letzten Revision des Strassenverkehrsgesetzes beschlossen
die Eidgenössischen Räte, die bisher dem Bundesrat zustehende Kompetenz zur
Festlegung des Blutalkoholgrenzwertes auf die Bundesversammlung zu übertragen.
Die ebenfalls mit dieser Revision eingeführte Unterscheidung zwischen nicht qualifizierter
und qualifizierter Blutalkoholkonzentration mit den entsprechenden straf- und
massnahmerechtlichen Folgen führt dazu, dass neu zwei Grenzwerte zu bestimmen
sind. Der Bundesrat, der im Interesse der Verkehrssicherheit eine Senkung des
Blutalkoholgrenzwertes als notwendig erachtet, schlägt dem Parlament vor, eine
Alkoholmenge im Bereich von 0,50 bis 0,79 Promille als nicht qualifizierte und eine
Alkoholmenge von 0,80 oder mehr Promille als qualifizierte Blutalkoholkonzentration
zu bestimmen."

"Nach bisheriger gesetzlicher Regelung bestimmte der Bundesrat, ab welcher Blutalkoholkonzentration Angetrunkenheit und damit Fahrunfähigkeit im Sinne des Gesetzes angenommen wird (Art. 55 Abs. 1 SVG). Im Jahre 1980 wurde der Grenzwert von 0,8 Promille in die Verkehrsregelnverordnung aufgenommen, nachdem er 1964 vom Bundesgericht in dieser Höhe festgelegt worden war. Seither wurde er nicht mehr geändert. Wer demnach mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille oder mehr ein Motorfahrzeug führt, gilt in jedem Fall als angetrunken. Die betreffende Person wird mit einem Führerausweisentzug von mindestens zwei Monaten Dauer belegt sowie mit Gefängnis oder mit Busse bestraft. Anlässlich der Revision des Strassenverkehrsgesetzes beschlossen die Eidgenössischen Räte, die Kompetenz zur Festlegung des Blutalkoholgrenzwertes auf die Bundesversammlung zu übertragen. Diese bestimmt künftig in einer Parlamentsverordnung, bei welcher Blutalkoholkonzentration Fahrunfähigkeit angenommen wird und welche Alkoholmenge als qualifizierte Blutalkoholkonzentration gilt."

Verordnung der Bundesversammlung über Blutalkoholgrenzwerte im Strassenverkehr (Entwurf)
Art. 1 Fahrunfähigkeit
1 Fahrunfähigkeit wegen Alkoholeinwirkung (Angetrunkenheit) gilt in jedem Fall
als erwiesen, wenn der Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin eine Blutalkoholkonzentration von 0,5 oder mehr Gewichtspromillen aufweist oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Blutalkoholkonzentration führt.
2 Als qualifiziert gilt eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille oder mehr.
Art. 2 Inkrafttreten
Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.


Beratung im Ständerat
Herbstsession 2002 - Siebente Sitzung - 24.09.02 - 08h00 (Auszüge)

Leuenberger Ernst (S, SO), für die Kommission: Das revidierte Strassenverkehrsgesetz (SVG) vom 14. Dezember 2001 enthält zwei neue Bestimmungen, die zum heutigen Entwurf einer Verordnung der Bundesversammlung über Blutalkoholgrenzwerte im Strassenverkehr führen. Da ist einmal Artikel 55 Absatz 6 SVG, wo sich das Parlament - im Gegensatz zum vorher geltenden Recht - die Kompetenz herausgenommen hat, selber festzulegen, welche Blutalkoholkonzentration zur Fahruntüchtigkeit im Sinne des Gesetzes und welche als strafrechtlich qualifiziert zu gelten habe. Sodann zitiere ich Artikel 91, wo festgelegt ist, dass bei qualifizierter Blutalkoholkonzentration mit einer Gefängnisstrafe oder einer Busse zu rechnen ist. Aufbauend auf diesen rechtlichen Grundlagen legt der Bundesrat mit der Botschaft vom 22. Mai 2002 einen Verordnungsentwurf mit Antrag vor. Der Erlass dieser Verordnung blieb in der vorberatenden KVF unbestritten. Die Kommission beantragt einstimmig Eintreten auf diese Vorlage.

Leuenberger Moritz, Bundesrat:
Es geht jetzt um die Festlegung der gewöhnlichen Angetrunkenheit. Über die qualifizierte Angetrunkenheit haben Sie ja bereits entschieden, das ist bereits gültiges Recht, nämlich 0,8 Promille. Die Frage ist jetzt noch, ob diese gewöhnliche Angetrunkenheit bei 0,7 oder bei 0,5 Promille festgelegt werden soll.
Es ist hin und wieder angetönt worden, das sei ja eigentlich ein fast lächerlicher Entscheid, in diesem Promillebereich zu legiferieren. Es wurde gesagt, es sei fast ein bisschen willkürlich, die gesetzgeberische Konzentration jetzt auf diese eine Ursache von Unfällen zu fokussieren, nämlich auf den Alkohol, es gebe doch noch sehr viel wichtigere und andere Unfallursachen. Das ist richtig. Aber die Legiferierung all dieser anderen Unfallursachen wie Aggressivität, Raserei, Nichtbeherrschung des Fahrzeuges, aber auch die Legiferierung technischer Verbesserungen der Fahrzeuge, die auch eine Methode sind, um Unfallursachen zu vermeiden, sind dem Bundesrat überlassen, und er legiferiert hier laufend mit Verordnungsverbesserungen. Das Vorgehen nämlich, dass Sie über diese Frage hier selber entscheiden, wollten Sie selbst so. Sie haben dieses einzelne Element herausgebrochen und gesagt, Sie wollten wegen der gesellschaftlichen und politischen Bedeutung des Alkohols darüber selber legiferieren. Wir haben Sie beim Wort genommen und sofort diese Vorlage gebracht, damit Sie - damals wurde gesagt, an und für sich sei man mit 0,5 Promille ohne weiteres einverstanden, aber das sei von so grosser Bedeutung, dass das Parlament das machen müsse - sich jetzt darüber aussprechen können. Ich bitte Sie, sich nun im Sinne, wie es Ihnen der Bundesrat beantragt, darüber auszusprechen.
Es wurden Fragen betreffend die Statistik gestellt. Es ist sehr legitim, solche Fragen zu stellen. Ich will nun aber diese Fragen und die zum Teil einleuchtenden Beispiele nicht
meinerseits durch weitere Absurditäten wieder ins Gegenteil umkehren, sondern ich möchte sagen, dass es ja eigentlich um Folgendes geht: Wer hat in welcher Situation was zu beweisen? Die Freiheit, mehr als ein Gläschen zu trinken und sich nachher ans Steuer zu setzen, und die Aufgabe, Unfälle zu vermeiden, stehen einander gegenüber. Wenn ich sage, Unfälle zu vermeiden, meine ich: Es müssen nicht immer und ausschliesslich nur Tote sein, wir haben jetzt von den Toten gesprochen. Aber es gilt auch, Verletzungen zu vermeiden, sogar schwere Unfälle zu vermeiden, die nur Sachschäden verursachen. Das ist auch eine gesetzgeberische Aufgabe.
Also stehen die Verantwortung, die Unfallzahl mit Verletzten und Toten zu reduzieren, und die Freiheit, mehr als ein Gläschen zu trinken und dann ans Steuer zu gehen, einander gegenüber.
Ich halte fest: Alkohol verringert die Reaktionsfähigkeit. Ab 0,5 Promille verringert Alkohol die Reaktionsfähigkeit signifikant. Im Vergleich zu 0 Promille ist die Reaktionsfähigkeit bereits ab 0,5 Promille um die Hälfte verringert. Alkohol ist die Ursache für Unfälle mit Toten und Verletzten. Wir haben bei der qualifizierten Angetrunkenheit darüber gesprochen. Mindestens 5 Prozent aller Alkoholunfälle, also aller Unfälle, die auf Alkohol zurückzuführen sind, gehen auf einen Alkoholisierungsgrad zwischen 0,5 und 0,8 Promille zurück. Eine Reduktion von 0,8 auf 0,5 Promille hat in anderen Ländern - Österreich und Australien - zu einer Unfallreduktion um 10 bis 15 Prozent geführt. Allein diese Zahlen genügen mir, um die Verantwortung wahrzunehmen und diejenige Massnahme zu treffen, die die Unfälle entsprechend reduziert. Ich erinnere daran, dass in Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich ebenfalls 0,5 Promille und in Schweden 0,2 Promille gelten. Es gibt Länder, in denen 0,0 Promille gelten. Nur gerade in England, Irland und Luxemburg gelten 0,8 Promille.
Ich ersuche Sie, Ihre gesetzgeberische Verantwortung zur Reduktion von Unfällen wahrzunehmen und unserem Entwurf zuzustimmen.

Gesamtabstimmung
Für Annahme des Entwurfes .... 28 Stimmen
Dagegen .... 5 Stimmen


Beratung im Nationalrat
Frühjahrssession 2003 - Fünfte Sitzung - 06.03.03 (Auszüge)

Aeschbacher Ruedi (E, ZH), für die Kommission: ... Die Kommission beantragt Ihnen ebenfalls Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates und zum Beschluss des Ständerates. Sie tut dies mit einem deutlichen Mehr von 13 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen.
Die Gründe für den neuen, tieferen Grenzwert sind überzeugend. Das fand auch die Kommission, deshalb ihr sehr deutlicher Antrag. Ich zähle sechs Gründe auf:
1. Aufmerksamkeit, Reaktionsbereitschaft sowie Reaktionsfähigkeit können bereits bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,4 oder 0,5 Gewichtspromille reduziert sein. Zahlreiche Studien und Untersuchungen belegen dies. Schon ab diesem tieferen Wert steigt die Gefahr der Fehleinschätzungen; die Selbstkritik der Fahrerinnen und Fahrer leidet, ebenso das kritische Erfassen und Abwägen von ungewöhnlichen Situationen. Die Folge ist eine Überschätzung der subjektiven Leistungsfähigkeit bei objektiv tatsächlich vermindertem Leistungsvermögen. Einfach ausgedrückt heisst das: Es besteht schon bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,4 oder 0,5 Gewichtspromille die Gefahr, dass die Fahrer die Gefahren unterschätzen und sich und ihre eigene Leistungsfähigkeit überschätzen. Ihre Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit nimmt bereits ab diesem Blutalkoholwert ab.
2. Im Strassenalltag zeigt sich leider immer wieder, dass diese durch Alkohol verminderten Fähigkeiten bei den Lenkenden auch tatsächlich zu Unfällen führen. Ich will hier wirklich nicht einen Zahlenstreit entfachen. Als absolut gesichert darf aufgrund aller Untersuchungen und Abschätzungen aber gelten, dass allein durch die Senkung des Grenzwertes von heute 0,8 auf 0,5 Promille eine zweistellige Zahl von Verkehrstoten pro Jahr vermieden werden kann. Zieht man dazu noch die generalpräventive Wirkung einer solchen Reduktion in Betracht, und nehmen wir dazu noch die anlassfreie Atemalkoholkontrolle, die vor zwei Jahren mit dem Gesetz eingeführt wurde, so darf man davon ausgehen, dass wir mit der Senkung des Grenzwertes von 0,8 auf 0,5 Promille rund 50 Verkehrstote pro Jahr vermeiden können. Anstelle dieser nackten Zahl 50 können Sie das auch anders sehen: In einem Bild ausgedrückt sind das rund 15 normale Durchschnittsfamilien in der Schweiz, die nicht auf der Strasse sterben müssen, sondern unversehrt bleiben.
3. Wenn wir etwas über unser Land hinausblicken, stellen wir fest, dass wir auch in Sachen angetrunkenen Fahrens zu einer Insel geworden sind. Unsere Nachbarländer kennen den Grenzwert von 0,5 Gewichtspromille. Eine Ausnahme, um ganz genau zu sein, macht nur das Fürstentum Liechtenstein, das sich aber unseren Gesetzen anschliesst und bei einer Senkung unsererseits die Gewichtslimite auf seinem Gebiet sicher senken wird. In Europa gibt es gerade noch zwei weitere Länder, nämlich Grossbritannien und Irland, die noch unseren heutigen, largen Grenzwert kennen. 14 europäische Staaten haben sich auf 0,5, drei sogar auf 0,2 und vier gar auf 0 Gewichtspromille festgelegt.
4. Die Erfahrungen in all diesen Ländern zeigen, dass die Einführung schärferer Grenzwerte die Zahl der Verkehrstoten und der Verletzten signifikant gesenkt hat, und zwar in einer Grössenordnung von jeweils 10 bis 15 Prozent.
5. Der vorgeschlagene Grenzwert ist nicht ein "Weitschuss", sondern immer noch ein Kompromiss. Wollte man der Sicherheit absoluten Vorrang einräumen, müsste man die Null-Promille-Grenze einführen, so, wie das heute schon vier europäische Staaten tun, und so, wie wir das übrigens von jenen erwarten, die eine hohe Verantwortung tragen: Lokomotivführer, Piloten, Taxifahrer, Lastwagenfahrer, Buschauffeure usw. So weit gehen wir bei gewöhnlichen Autofahrenden mit dem neuen Grenzwert von 0,5 Promille aber nicht: Für sie ist es immer noch möglich, zum Essen ein Glas Wein - nicht aber deren zwei - oder ein Bier zu trinken. Unsere autolenkende Bevölkerung wird sich also nicht völlig andere Ess- oder Trinkkulturen aufzwingen lassen müssen.
6. Damit komme ich zum letzten Argument: Es ist gesagt worden, dass die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen bei dieser Situation auf die mit Alkohol handelnden oder Alkohol produzierenden Betriebe nicht horrende Auswirkungen haben werden. Auch hier möchte ich keinen Zahlenstreit in Gang setzen, denn was sind 20, 30 oder 40 vermiedene Verkehrstote gegen einige Millionen Franken entgangenen Gewinns? Es kann, um es mit den Worten eines bürgerlichen Kommissionsmitgliedes zu sagen, auch für ein Touristenland, wie es die Schweiz ist, nicht vorteilhaft sein, wenn wir versuchen wollten, mit einem largen Grenzwert den Alkoholkonsum zugunsten des Gastgewerbes anzukurbeln.
Zusammenfassend: Eine eindrückliche Vielzahl von Argumenten spricht für die vorgeschlagene Verschärfung des Grenzwertes. Im Namen der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen bitte ich Sie, dem zuzustimmen...

Fehr Jacqueline (S, ZH): Ich bin, gelinde gesagt, ziemlich irritiert über das, was Sie hier mit diesen Einzelanträgen veranstalten. Die zuständige Fachkommission, die sich mit der Frage seriös und in mehreren Sitzungen - Sie mögen sich an die Revision des Strassenverkehrsgesetzes erinnern - auseinander gesetzt hat, die Statistiken konsultiert hat, die mit Fachleuten gesprochen hat, die sich mit den Erfahrungen aus dem Ausland auseinander gesetzt hat, kam grossmehrheitlich zum Schluss, dass die Blutalkoholgrenze von 0,8 auf 0,5 Promille gesenkt werden soll. Dasselbe Bild in der ständerätlichen Kommission, die sich ebenfalls seriös damit befasst hat, und dann auch im Plenum des Ständerates. Und jetzt, in unserem Plenum, kommt eine ganze Serie von Anträgen. Wenn ich es richtig überblicke, ist der gesamte Basar eröffnet; es fehlt wohl keine Zahl mehr, die vorgeschlagen wird.
Das ist unseriös. Sie können zwar der Meinung sein, die Festlegung der Promillegrenze sei das exklusive Recht des Parlaments und dürfe auf keinen Fall an den Bundesrat delegiert werden; Sie können diese Promillegrenze aber nicht per "Finger in die Luft"-Politik festlegen. Auch hinter dieser Frage sollte mehr als Wahlkampf stecken. Dass Einzelne aus unterschiedlichen Gründen, aus Branchengründen, geographischen Gründen, ins Schaufenster stehen möchten, kann ich noch nachvollziehen...
Noch ein Wort zum Gastgewerbe: Dieses werde durch die Senkung der Promillegrenze gefährdet. Wenn das Gastgewerbe nur dann floriert, wenn die Leute alkoholisiert Auto fahren, steht es wahrlich schlecht um diese Branche. Wirte haben viele Möglichkeiten, auf die tieferen Promillegrenzen so zu reagieren, dass sie keine Einbussen erleiden müssen. Nicht zuletzt können sie sich für Fahrdienst und Fahrgemeinschaften einsetzen, denn mit der Senkung der Promillegrenze wird nicht das Trinken verboten, sondern nur das Fahren im angetrunkenen Zustand, und das beginnt eben nicht erst bei 0,8, sondern bereits bei 0,5 Promille...
Allen subjektiven Erfahrungsberichten zum Trotz: Die Fahrtüchtigkeit nimmt deutlich ab, und zwar weniger bei den automatisierten Abläufen als dann, wenn überraschende, nicht vorhersehbare Situationen auftreten. Dies ist auch eine Erklärung, weshalb insbesondere unroutinierte Junglenkerinnen und Junglenker davon mehr betroffen sind. Eine Senkung der Promillegrenze würde also vor allem auch die Jungen vor ihrer jugendlichen Selbstüberschätzung schützen...

Leuenberger Moritz, Bundesrat: Zunächst einmal zum Umstand, dass Ihnen überhaupt diese Vorlage unterbreitet wurde, die jetzt als Beitrag zur allgemeinen Gesetzesflut gegeisselt wird: Sie wollten das so. Unser ursprünglicher Vorschlag war der, dass wie bisher der Bundesrat regelt, was unter Angetrunkenheit zu verstehen sei. Es war dieses Parlament, das sich diesen Entscheid vorbehielt und eine solche Verordnung vorgelegt bekommen wollte. Deswegen kann ich den Vorwurf, die Gesetzesflut anschwellen zu lassen, nicht akzeptieren. Sie wollten das so, und Sie müssen jetzt folgerichtig auch darüber entscheiden.
Die zweite Frage, warum wir eine Zweiteilung zwischen qualifizierter Angetrunkenheit und einfacher Angetrunkenheit vornehmen, ist auf das Vernehmlassungsverfahren zurückzuführen. In die Vernehmlassung hat der Bundesrat einen Vorschlag gegeben, wonach die Angetrunkenheit ganz generell bei 0,5 Promille begonnen hätte. In der Vernehmlassung wurde gesagt, man sei zwar mit einer Reduktion des Satzes einverstanden, aber man möchte, dass zwischen 0,5 und 0,8 Promille eine mildere Sanktion einträte, nämlich dass es eine blosse Übertretung sei. Gestützt darauf haben wir diese Änderung vorgenommen.
Von daher muss ich Ihnen sagen: Sie müssen auf diese Vorlage eintreten - vielleicht nicht juristisch, aber jedenfalls politisch. Denn wenn Sie auf diese Vorlage nicht einträten, dann wäre nicht einmal der qualifizierte Tatbestand geregelt; der ist nämlich auch offen. Im Gesetz steht nur: Es gibt qualifizierte Angetrunkenheit; es gibt unqualifizierte Angetrunkenheit - ohne Zahlen.
Nun wurde hier in der Debatte gesagt: "Ja, mit 0,8 Promille als Grenze für die qualifizierte Angetrunkenheit sind wir einverstanden; darum geht es nicht." Aber dann müssen Sie das hier in dieser Verordnung festhalten und regeln; dazu müssen Sie eintreten, sonst ist diese Frage nicht gelöst.
Zur inhaltlichen Frage: Sie haben alle gesagt: "qualifiziert: 0,8 Promille - kein Problem; damit sind wir einverstanden; es bleibt so, wie es heute ist". Also konzentriert sich die politische Debatte nur auf die einfache Angetrunkenheit: Wo ist sie anzusiedeln? Gibt es eine solche zwischen 0,5 und 0,8 Promille? Wir schlagen Ihnen 0,5 Promille vor, aus folgendem Grund: Die Funktionen eines Automobilisten werden ab einem Blutalkoholgehalt von 0,5 Promille wesentlich und messbar beeinträchtigt. Studien haben gezeigt, dass das Unfallrisiko ab 0,5 Promille exponentiell zunimmt; bei 0,6 Promille ist es schon doppelt und bei 0,8 Promille viermal so hoch. Es wurde gesagt: Bauen wir doch auf die Eigenverantwortung, bauen wir doch auf die Vernunft. Das ist als Prinzip gut und recht, aber es ist messbar nachgewiesen, dass die Vernunft, die Sie beschwören, ab 0,5 Promille wesentlich beeinträchtigt ist. Deswegen können Sie nicht auf die Vernunft zwischen 0,5 und 0,8 Promille bauen.
Ich verweise auf die ausländischen Erfahrungen. Die Einführung der 0,5-Promille-Grenze hat in mehreren anderen Ländern zu einem Rückgang der alkoholbedingten Unfälle um 10 bis 15 Prozent geführt. Auch die Anzahl der Alkoholfahrten hat insgesamt abgenommen. Weiter resultiert daraus ein Rückgang der Fahrten mit hohen Alkoholkonzentrationen. So gingen in Australien die Fahrten mit einer Blutalkoholkonzentration von über 1,5 Promille um mehr als 40 Prozent zurück, und zwar im Moment, als die 0,5-Promille-Grenze eingeführt wurde. Ich wiederhole ebenfalls, dass in all unseren Nachbarstaaten die 0,5-Promille-Grenze gilt; in Schweden und Norwegen wurde die Grenze auf 0,2 Promille festgelegt; England, Irland und Luxemburg haben eine Promillegrenze von 0,8...

Ich habe mich natürlich auch gefragt, warum jetzt plötzlich diese unglaublichen Emotionen aufkommen. Man hat mir gesagt, ich hätte diese Vorlage besser nach den Wahlen gebracht; das sei jetzt eben so, weil man vor den Wahlen nichts Unpopuläres entscheiden wolle. Ich kann das nicht nachvollziehen; denn erstens einmal hat die Vernehmlassung ein ganz eindeutiges, positives Bild zur Vorlage gezeigt. Es gibt Umfragen, und ich muss Ihnen in Erinnerung rufen: 71 Prozent der Automobil fahrenden Bevölkerung begrüssen diese Vorlage; 71 Prozent wollen das. Ich kann von daher nicht verstehen, wenn man sagt, man wehre sich wegen den Wahlen...

...Was Sie im Gesetz neu eingeführt haben, ist die anlassfreie Kontrolle. In Grosskontrollen, in denen das Pannendreieck und das Profil der Pneus überprüft werden, kann künftig auch der Alkoholwert überprüft werden, allerdings nur atemweise. Wenn es dann Anzeichen für eine Grenzwertüberschreitung gibt, folgt als zweiter Schritt der Test via Blut...

Gesamtabstimmung
Für Annahme des Entwurfes .... 101 Stimmen
Dagegen .... 74 Stimmen


Am 26.11.03 beschloss der Bundesrat eine zweistufige Umsetzung der im revidierten Strassenverkehrsgesetz festgelegten Massnahmen. Die 0,5 Promillegrenze kommt auf 1. Januar 2005. Als Grund für die Verzögerung wird der Personalbedarf und die Ausbildung angegeben. (http://www.alkoholpolitik.ch/ verfolgt die alkoholpolitischen Aktualitäten in der Schweiz und weltweit.)

Gesamtpaket für mehr Strassensicherheit tritt ab 2005 in Kraft
Die Schweiz beschreitet zur Erhöhung der Strassensicherheit neue Wege. Der Bundesrat hat den Zeitplan des Massnahmenpaketes festgelegt, welches das Parlament mit der der Revision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) beschlossen hatte. Danach werden der neue Blutalkoholgrenzwert von 0,5 Promille, die Nulltoleranz beim Fahren unter Drogeneinfluss und das Kaskadensystem für Wiederholungstäter auf den 1. Januar 2005 eingeführt. Auf Ende 2005 folgen die Einführung des Führerausweises auf Probe und der 2-Phasen-Ausbildung. (Pressemitteilung des Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) vom 26.11.2003)


Alkohol im Strassenverkehr

Der Bundesrat hat heute die 0,5-Promillegrenze, den Grenzwert 0 für bestimmte Drogen und die verschärfte Führerausweisentzugsregelung auf den 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt.

Verdachtsfreie Atemprobe

Ab dem Inkrafttreten darf die Polizei Atem-Alkoholkontrollen jederzeit und überall im öffentlichen Strassenverkehr durchführen. Dies kann sie im Rahmen von allgemeinen Grosskontrollen, speziellen Alkoholkontrollen oder auch bei der Kontrolle einzelner Fahrzeuge und Fahrzeugführerinnen und -führer im Alltag tun. Somit muss jedermann immer damit rechnen, auf Alkohol kontrolliert zu werden.

0,5-Promille-Grenze

Verkehrsregel: Als fahrunfähig gilt jedermann, der eine Alkoholkonzentration von mindestens 0,5 Promille (bisher 0,8 ‰) aufweist oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Konzentration führt.

Feststellung der Angetrunkenheit: Für die Feststellung der Angetrunkenheit ist grundsätzlich die Blutprobe das geeignete Beweismittel. Bei einem Atem-Alkoholergebnis zwischen 0,50 und 0,79 Promille wird jedoch auf eine Blutprobe verzichtet, wenn die kontrollierte Person diesen Wert unterschriftlich anerkennt. Ergibt die Atem-Alkoholmessung einen Wert von 0,8 Promille und mehr, ist immer eine Blutprobe durchzuführen.

Sanktionen

Je nach Alkoholisierungsgrad ist mit unterschiedlichen Sanktionen zu rechnen. Angetrunkenheit im Bereich zwischen 0,5 und 0,79 Promille führt zu einer Busse und/oder einer Haftstrafe. Sofern der fahrerische Leumund ungetrübt ist und keine weitere, mindestens leichte Widerhandlung vorliegt, wird eine Verwarnung ausgesprochen. Andernfalls wird ein Führerausweisentzug für die Dauer eines Monats angeordnet. Bei 0,8 Promille und mehr ist mit einer Busse und/oder einer Gefängnisstrafe sowie mit einem Führerausweisentzug von mindestens drei Monaten zu rechnen.
(Pressemitteilung: 28. April 2004 UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation)


Verkehrsregelnverordnung (VRV)
1. Teil: Regeln für den Fahrverkehr
1. Abschnitt: Allgemeine Fahrregeln
Art. 2 Zustand des Führers
2. Fahrunfähigkeit wegen Alkoholeinwirkung (Angetrunkenheit) gilt in jedem Fall als erwiesen, wenn der Fahrzeugführer eine Blutalkohol-Konzentration von 0,8 oder mehr Gewichtspromillen aufweist oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Blutalkohol-Konzentration führt. (In Kraft seit 1. Jan. 1980, bis 31.12.2004)

Strassenverkehrsgesetz (SVG)
vom 19. Dezember 1958
(Änderung vom 14. Dezember 2001, in Kraft ab 1. Januar 2005) Auf der Seite "Die Alkoholgesetzgebung der Schweiz" finden Sie die alkoholrelevanten Bestimmungen.

Historisches


35. Urteil des Kassationshofes vom 18. Juni 1964
i. S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen R.
(Auszüge)

Art. 59 MFG*; Art. 91 SVG*. Angetrunkenheit ist unabhängig von weiteren Beweisen und individuellen Unterschieden bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 und mehr Gewichtspromillen anzunehmen.
Art. 59 LA; art. 91 LCR. L'ivresse doit être admise sans égard à d'autres preuves et aux particularités individuelles dès que la teneur du sang en alcool atteint 0,8 ‰ et plus.
Art. 59 LA; art. 91 LCStr. L'ebbrietà dev'essere ammessa senza riguardo ad altre prove e alla particolarità individuali non appena il tenore dal langue in alcool raggiunge 0,8 ‰ e più.

A. R. führte in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1961 um 24.00 Uhr seinen Personenwagen "BMW" vom Kreuzplatz in Zürich nach Scheuren-Forch. Die um 00.40 Uhr erhobene Blutprobe wies einen Alkoholgehalt von chemisch 1,31 und interferometrisch von 1,35 Gewichtspromillen auf, was, auf den Zeitpunkt der Fahrt zurückgerechnet und eine durch krankhafte Veranlagung möglicherweise verspätete Resorption ein bezogen, einem Blutwert von 0,9 bis 0,95 Gewichtspromillen entsprach.
R. war schon 1957 wegen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand gebüsst worden.
B. – R. wurde angeklagt, ein Motorfahrzeug in angetrunkenem Zustand bei Rückfall geführt zu haben (Art. 59 Abs. 2 MFG). Das Obergericht des Kantons Zürich sprach ihn mit Urteil vom 10. Januar 1963 frei mit der Begründung, die Alkoholkonzentration habe zur Zeit der Tat die Grenze von 1 %o nicht überschritten und andere Indizien, die auf Angetrunkenheit schliessen liessen, seien nicht festgestellt.
C. Die Staatsanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Bestrafung des Angeklagten nach Art. 59 Abs. 2 MFG an das Obergericht zurückzuweisen.
D. R. beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.

Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 59 MFG macht sich strafbar, wer ein Motorfahrzeug in angetrunkenem Zustand führt. Die Bestimmung will nach der Rechtsprechung nicht jede noch so geringfügige alkoholbedingte Enthemmung treffen, sondern soll nur dann angewendet werden, wenn diese einen solchen Grad erreicht hat, dass eine sichere, den Verkehrsvorschriften entsprechende Führung des Motorfahrzeuges nicht mehr gewährleistet ist. Das ist unabhängig von der individuellen Alkoholverträglichkeit und ohne Rücksicht darauf, ob auch andere Umstände auf Angetrunkenheit hinweisen, im Prinzip immer anzunehmen, wenn der Alkoholgehalt einen bestimmten Grenzwert erreicht. Der Kassationshof ist in verschiedenen Urteilen davon ausgegangen, dass diese Grenze bei 1 ‰ liege ... Daran, so erklärte er noch am 26. September 1958, sei festzuhalten, jedenfalls bis zuverlässige Untersuchungsergebnisse über den Grad der Enthemmung bei Alkoholkonzentrationen von weniger als 1 ‰ vorlägen. Das bedeute aber nicht, dass bei einer geringeren Alkoholkonzentration die Bestrafung nach Art. 59 MFG ausgeschlossen sei; in solchen Fällen dürfe indessen nicht allein aus dem Alkoholgehalt, sondern nur zusammen mit andern Anzeichen auf Angetrunkenheit geschlossen werden.
2. Seither mehrten sich die Stimmen aus Fachkreisen, die für eine Herabsetzung des Grenzwertes eintreten... Wie schon ALDER («Blutproben zur Alkoholbestimmung», 3. Vortragstagung des ACS 1957 S. 27), weist auch das Gerichtlich medizinische Institut der Universität Zürich darauf hin, dass sich der Alkohol bereits bei einem Gehalt von etwa 0,5 ‰ im Blut auswirke und Enthemmungen in Brocheinung treten. Nach Prof. SCHWARZ, dem Leiter dieses Instituts, sind alle, die sich täglich mit Alkoholvergehen zu befassen haben, darüber einig, dass es an der Zeit wäre, die Promillegrenze auf 0,8 herabzusetzen... Am 3. Internationalen Kongress über Alkohol und Strassenverkehr, der im September 1962 in London stattfand, wurde allgemein die Auffassung vertreten, die Unfallgefahr nehme spätestens bei 0,5 ‰ eindeutig zu; von keiner Seite wurde es für möglich angesehen, dass Werte über 0,8 ‰ im Strassenverkehr tragbar...
3. Im Hinblick auf diese Entwicklung sah sich der Kassationshof veranlasst, die Frage, welcher Blutalkoholgehalt als Grenzwert für die Feststellung der Angetrunkenheit der Fahrzeugführer im Sinne des Gesetzes (Art. 59 MFG; Art. 91 SVG) gelten könne, erneut zu prüfen. Im Bestreben, die Rechtsprechung auf gesicherte medizinische und biologische Erkenntnisse zu stützen, liess er sich, ohne Bezugnahme auf den vorliegenden Fall, von Prof. Dr. med. Läuppi, Bern, Prof. Dr. med. Kielholz, Basel und Prof. Dr. med. Bernheim, Genf über den jetzigen Stand der Forschung berichten...
An die Spitze stellen sie die Untersuchung der Alkoholwirkung auf die Gesamtpersönlichkeit. Im Mittelpunkt der komplexen Schädigung, so führen sie aus, ständen Besonnenheitsstörungen und Kritiklosigkeit im weitesten Sinne:
«Ein Mensch, der Alkohol getrunken hat, ist subjektiv vor allem im Stadium leichter Alkoholisierung in der Regel davon überzeugt, dass seine Fahrsicherheit nicht beeinträchtigt ist. Er glaubt, dass er eine Ausnahme bilde. Ganz allgemein sinkt aber die Fahrweise selbst bei einem geübten Motorfahrzeugführer sehr schnell auf die Stufe des Anfängers herab. Das subjektive Leistungsgefühl ist im Gegensatz zur objektiven Leistungsfähigkeit gesteigert. Die Fahrweise behält deshalb unter Alkohol die gleiche «individuelle Tönung», ohne dass aber die objektiven Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Automatismen gehen unter Alkohol verloren, ohne dass der Betroffene es merkt...
...Aus den statistischen Berechnungen vom Gefährdungskoeffizienten durch Alkohol im Verkehr (Freudenberg) wie auch aus experimentellen Forschungsergebnissen am Menschen geht also übereinstimmend hervor, dass schon relativ niedrige Blutalkoholkonzentrationen die Verkehrstauglichkeit zumindest einschränken. Da im heutigen Verkehr schon der nüchterne Verkehrsteilnehmer häufig überfordert ist, wird man jede Leistungsminderung durch Alkohol ernst nehmen müssen. Sie stellt ein zusätzliches und überdies unnötiges Risiko dar. In diesem Sinne wäre die Auffassung, dass eine Blutalkoholkonzentration von 0,5 bis 0,6 Gewichtspromille in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bereits einen kritischen Wert darstelle, in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation durchaus vertretbar. Allerdings kann gegen eine solche Lösung der Einwand erhoben werden, dass in einem gewissen Prozentsatz möglicherweise doch noch eine nicht nennenswert beeinträchtigte Verkehrstauglichkeit bestehen oder der Nachweis der Untauglichkeit unter den günstigen Bedingungen einer Nachuntersuchung jedenfalls schwierig sein könne. Als Kompromiss mag es deshalb angezeigt sein, den kritischen Grenzwert etwas höher als 0,6 Gewichtspromille, in Anbetracht der gestiegenen Anforderungen im Verkehr jedoch niedriger als nach überwiegender bisheriger Übung (meistens 1,0 Gewichtspromille) anzusetzen. Innerhalb dieser Gabel bietet sich eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 Gewichtspromillen als Richtwert an und liegt in einem Bereich, der sowohl biologischen wie methodischen Streuungen hinreichend Rechnung trägt.»... («Zitate aus dem Gutachten»)
4.
Dieses Gutachten, das allgemein gültige Erkenntnisse vermittelt, überzeugt. Der Kassationshof folgt ihm auch darin, dass sich als Richtwert für die Feststellung der Angetrunkenheit des Fahrzeugführers eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 Gewichtspromillen rechtfertige. Zwar wäre nach den Ausführungen der Gutachter die Auffassung, dass ein Blutalkoholgehalt von 0,5 bis 0,6 Gewichtspromillen in der Mehrzahl der Fälle bereits einen kritischen Wert darstelle, durchaus vertretbar...
Der als Grenzwert bezeichnete Blutalkoholgehalt von 0,8 Gewichtspromillen stellt demgemäss eine allgemeingültige Grenze dar, der gegenüber der Einwand höherer individueller Alkoholverträglichkeit wie schon bei der bisherigen Promillegrenze grundsätzlich versagt. Indessen besteht bis 0,8 Gewichtspromille keine in jedem Fall zugesicherte Straffreiheit. Ein Alkoholgehalt des Blutes von 0,5 bis 0,8 Gewichtspromillen kann, wie das Gutachten mit Nachdruck hervorhebt, bei gleichzeitig wirksamen, weiteren Umständen (z.B. Krankheit, Übermüdung) Folgen zeitigen, wie sie bei einem ausgeruhten, gesunden Menschen erst bei Alkoholkonzentrationen von 0,8 und mehr Gewichtspromillen auftreten...
Demnach erkennt der Kassationshof
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 10. Januar 1963 aufgehoben und die Vorinstanz angewiesen, den Beschwerdegegner wegen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand bei Rückfall zu bestrafen.
* MFG = Motorfahzeuggesetz von 1932, neu SVG = Strassenverkehrsgesetz von 1958

Quelle:
ENTSCHEIDUNGEN DES SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTES aus dem Jahre 1964, AMTLICHE SAMMLUNG, 90. Band, IV. Teil - Strafrecht.

3. Heft, Seiten 159 ff

Der "Diana Effekt"

Brüssel will 0,5 Promille
Kommen die 0,5 Promille nun durch die europäische Hintertür? Unter dem Eindruck des Schicksals von Prinzessin Diana, die am 31.August 1997, 3.00h, von einem alkoholisierten Chauffeur in den Tod gefahren wurde, plant EU Verkehrskommissar Neil Kinnock einen neuen Vorstoss im Kampf gegen Alkohol am Steuer. Kinnock will den 15 EU Verkehrsministern am 9. Oktober 1997 einen neun Jahre alten Vorschlag auf den Tisch legen. Dieser sieht die europaweite Fixierung der Promillegrenze bei 0,5 %0 vor.
Kinnock urges common EU alcohol level
European Transport Commissioner, Neil Kinnock, bas called on the United Kingdom and seven other EU countries to lower their maximun drink driving limits to a standard level of 50mgs of alcohol per litre of blood.
Mr Kinnock told EU Transport Ministers that the death of Diana, Princess of Wales, had focused public attention on the dangers of drunken driving. He said, "If, at a time when there is widespread and justified public grief about that tragedy, there can also be deeper public understanding about the causes of these preventable deaths then perhaps some good can corne out of the horror. " At the time of the ministers' meeting in Brussels on 9th October, there had been 4,000 deaths on EU roads since the Princess' fatal accident.
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1. Alkoholpolitik im Dienste der Gesundheit
Einleitung, Index
2 .WHO und Alkoholpolitik
3. WHO zu Alkohol und Gesundheit 1998 - 2001

3.1. Declaration on Young People and Alcohol Stockholm 2001
4. Schweizerische Alkoholpolitik - wohin?

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6. Chronik der Alkoholpolitik
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10. Historische Aktualitäten zur Alkoholpolitik

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Sechs alkoholpolitische Kraftakte: Volksabstimmungen
Zitate zu Alkohol
Gegen das überhandnehmende Brantweintrinken (1845)
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